Woyzeck: Ein von gesellschaftlichen Umständen getriebener Mörder

Der Name «Woyzeck» ist in der deutschen Literaturgeschichte sehr bekannt. Er bezeichnet eines der bekanntesten Werke Georg Büchners. Zudem ist es der Name eines Mannes, der am 2. Juni 1821 eine Frau, seine Geliebte, erstochen hat. Um genau diesen Fall geht es in Georg Büchners Werk. Der Fall des historischen Woyzecks wurde von Psychologen sehr schnell als ein durch Eifersucht motivierter Mord abgestempelt und anschliessend mit der Todesstrafe bestraft. Georg Büchner jedoch vertrat eine andere Meinung. Er argumentierte, dass Woyzeck zum einen durch seine psychische Krankheit, die wir heute als Psychose bezeichnen würden, und seine sozioökonomischen Verhältnisse zu der Affekthandlung getrieben wurde. Eine Affekthandlung, in diesem Fall der Mord an Marie, ist eine Handlung, die unter dem Einfluss von starken Emotionen wie Wut, Angst oder Verzweiflung erfolgt, ohne dass sie vorher rational überlegt oder geplant wurde. In seinem Drama „Woyzeck” widmete sich Büchner dieser Idee und inszenierte Woyzeck als einen perspektivlosen und an psychischen Krankheiten leidenden Soldaten, der mit seiner Geliebten, der Marie, ein uneheliches Kind hat.

Unterrichtsstoff

Im ersten Teil dieses Blogs werde ich die im Unterricht beantwortete Frage, welches Hauptmotiv Woyzeck zu dem Mord an Marie getrieben hat, erläutern. Als erstes ist hier die ökonomische Lage Woyzecks zu nennen, die ihn in eine Situation bringt, in der er trotz seiner Armut die Verantwortung für die Versorgung seiner Familie trägt. Dies bedeutet, dass er sich auf vieles einlassen muss, das ihn als Person demütigt. Ein Beispiel hierfür ist der Vertrag mit dem Arzt, der Woyzeck dazu verpflichtet, während eines Vierteljahres ausschliesslich Erbsen zu essen und seinen Urin an den Arzt zu übergeben, um diesem die Möglichkeit zu geben, daran zu forschen. Woyzeck ist vertraglich dazu verpflichtet, alleinig bei dem Arzt zu urinieren, was ein interessantes Thema aufwirft, nämlich das der fehlenden Kontrolle über das eigene Leben. Als Soldat unterliegt Woyzeck der vollständigen Verfügungsgewalt des Hauptmanns. Mit dem Zeitpunkt des Eintritts in die Kaserne geht die Kontrolle über Woyzeck vollständig auf den Hauptmann über. Diese Erfahrung der Fremdbestimmung führt bei Woyzeck zu einem Gefühl der Ohnmacht und einem Kontrollverlust über sein eigenes Leben. In einem Versuch, die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen, ersticht Woyzeck Marie und demonstriert damit, dass er zumindest die Kontrolle über ihr Leben hat.

Femizid

Ein Aspekt, den wir im Unterricht nur kurz behandelt haben, ist, dass diese Form von Mord, nämlich Femizid, oft darauf zurückzuführen ist, dass ein Mann sich selbst beweisen möchte, dass er noch Kontrolle über etwas hat, in diesem Fall über ein Menschenleben. Femizid bezeichnet dabei die gezielte Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Daher werde ich genauer untersuchen, warum Woyzeck oder auch andere Mörder zu solch einer Gewalttat greifen.

In Bezug auf Woyzeck lässt sich die Hypothese aufstellen, dass er kaum Kontrolle über sein eigenes Leben hat und eine Vielzahl von Dingen über sich ergehen lässt, um Marie und seinen Sohn Christian zu unterstützen. Als Woyzeck jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass Marie eine Affäre mit dem Tambourmajor hat, einem Soldaten aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht wie er selbst, der sich im Militär eine höhere Position erarbeitet hat und diese gegenüber Woyzeck ausnutzt, beginnt er, das Gefühl zu entwickeln, dass er nicht einmal die Kontrolle über die eigene Beziehung zu Marie hat. Dies resultiert in dem Bestreben des Protagonisten, sowohl seine Machtposition als auch seinen Besitzanspruch gegenüber Marie zu demonstrieren, da er sich in dieser Hinsicht von ihr entmächtigt sieht. Ein ähnliches Muster lässt sich auch bei anderen Femiziden beobachten. Hierbei begehen Männer, die sich in einer perspektivlosen Lage befinden und deren Lebenssinn lediglich darin besteht, sich weiter ausnutzen zu lassen, um genug Geld zu verdienen, um zu überleben, eine grauenvolle Tat an einer Frau, um das Gefühl zu haben, Macht über eine Person ausüben zu können. Es lässt sich beobachten, dass gesellschaftliche Umstände häufig als Katalysator für bereits vorhandene innere Unsicherheiten und andere Arten von negativen Gefühlen wie Hass oder Neid wirken können.

Fazit

Das Drama „Woyzeck” von Georg Büchner stellt in herausragender Weise dar, wie die sozioökonomischen Umstände jemanden zu einer grauenvollen Tat leiten können. Wie auch im Unterricht besprochen, lässt sich deutlich erkennen, dass Georg Büchner seiner Zeit voraus war. Anstatt sich mit der einfachen Antwort zu begnügen, die alle Schuld Woyzeck zuschiebt und die Gesellschaft von aller Schuld befreit, erkennt Büchner die grösseren Zusammenhänge und erkennt, dass die gesellschaftlichen Umstände eine bedeutende Rolle gespielt haben.

Die Verfassung dieses Blogeintrags fiel mir nicht sonderlich einfach, da ich Mühe damit hatte, das umfangreiche Themenfeld, welches wir im Unterricht zu Woyzeck besprochen haben, auf etwa 300 Wörter zu reduzieren. Daher musste ich mich für ein Unterthema des Unterrichts limitieren, wobei ich auch dort gerne noch weiter ausgeholt hätte. Die Auswahl eines Themas für den zweiten Teil meines Blogs fiel mir leichter, denn als wir im Unterricht das Thema Femizid kurz behandelten, weckte es mein Interesse. Diese Neugier wurde zusätzlich dadurch verstärkt, dass ich acht Jahre lang in Südafrika gelebt habe, wo Gewalt gegen Frauen, insbesondere Femizide, ein tragisch grosses Problem darstellen.

Für den Schreibprozess verwendete ich die reguläre Word-Autokorrektur. Im Anschluss habe ich den gesamten Text mithilfe von ChatGPT und dem Prompt “Bitte korrigiere alle Fehler in diesem Text, setze ihn falls notwendig in Bildungssprache und verbessere falls notwendig die Kohäsion und Kohärenz.” korrigieren lassen. Das Resultat musste ich anschliessend noch hier und da verbessern, war jedoch insgesamt zufrieden. Im Allgemeinen bin ich mit meinem Blog nur begrenzt zufrieden, da ich mir erhofft hatte, mehr mit meinen Notizen aus dem Unterricht zu arbeiten, die jedoch kaum zur Benutzung kamen.